Kliniken » Universitätsklinikum » Aktuelles » Herz- und Diabeteszentrum NRW
03.07.2012

Einmal wöchentlich zur Blutreinigung

20 Jahre H.E.L.P.: Herbert Koer (l.), erster Patient der Lipidapherese-Therapie 1992, nimmt Blumen von Sabine Poggemöller, Fachpflegekraft im Herz- und Diabeteszentrum NRW, entgegen (Foto Armin Kühn).

Herbert Koer (62) leidet an einer angeborenen Fettstoffwechselstörung. Vor genau zwanzig Jahren hat er als erster Patient im Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, eine sogenannte „Blutfettwäsche“ erhalten.

Herbert Koer (62) leidet an einer angeborenen Fettstoffwechselstörung. Vor genau zwanzig Jahren hat er als erster Patient im Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, eine sogenannte „Blutfettwäsche“ erhalten. Diese Therapie benötigt er seitdem jede Woche.
Im Juni 1992 kam die H.E.L.P.-Therapie in der Kardiologischen Klinik des HDZ NRW erstmals zum Einsatz. Das Verfahren wurde Ende der achtziger Jahre in Deutschland eingeführt. „Es hat sich bei bei Patienten mit fortgeschrittener Herzerkrankung bewährt, denen Medikamente nicht mehr weiterhelfen, um den erhöhten Fettspiegel im Blut wirksam zu senken“, erläutert Prof. Dr. Dieter Horstkotte, Klinikdirektor und Ärztlicher Direktor des Herz- und Diabeteszentrums. Über 11.000 Blutreinigungsverfahren wurden hier inzwischen erfolgreich durchgeführt.

Eine Fettstoffwechselstörung kann jahrelang unbemerkt bleiben, bis sie zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder Arteriosklerose führt. Wie bei Herbert Koer. Aufgrund von Verengungen der Herzkranzgefäße musste sich der ehemalige Zerspanungstechniker aus Billerbeck bei Münster zwei Mal einer Bypassoperation unterziehen. Die Ursache seiner Herzerkrankung lag in einer angeborenen Störung des Fettstoffwechsels. Sie zeigt sich vor allem an einem erhöhten Cholesterinspiegel. Etwa jeder zweite Deutsche weist Werte von über 200 Milligramm pro Deziliter auf. Jeder zehnte davon leidet wie Herbert Koer an der erblichen, angeborenen Erkrankung.
Zwei bis drei Stunden dauert die Behandlung namens Lipid-Apherese, bei der etwa drei Liter Blut in einem Filterverfahren von seinen Fettanteilen gereinigt wird. Es lässt sich mit einem Dialyse-Verfahren bei schweren Nierenfunktionsstörungen vergleichen.

„Die Therapie wird nicht nur bei angeborener Fettstoffwechselstörung (sog. familiäre Hypercholesterinämie) und fortgeschrittener Herzerkrankung mit einer medikamentös unzureichenden Fettstoffwechseleinstellung angewendet. Sie wird auch nach einem Hörsturz mit Erfolg eingesetzt. Herbert Koer ist dank des Verfahrens seit 20 Jahren beschwerdefrei. Die Besuche im Herz- und Diabeteszentrum NRW, 886 sind es jetzt insgesamt, nimmt er gerne in Kauf: „Ich fühle mich hier sehr wohl und werde von den Ärzten und Pflegekräften stets freundlich und kompetent betreut.“


Hintergrundinformation: Fettstoffwechselstörungen
Fette, die mit der Nahrung aufgenommen oder im Körper abgebaut werden, werden im Blut transportiert. Ein bestimmter Fettgehalt im Blut ist normal. Fettstoffwechselstörungen jedoch gelten als Risikofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall, Arteriosklerose). Je früher eine Fettstoffwechselstörung erkannt wird, desto eher ist es möglich, den Folgen entgegenzuwirken. Wird eine Fettstoffwechselstörung nicht behandelt, lagert sich das Fett in den Gefäßwänden ab. Vor allem durch Cholesterin kommt es zu sichtbaren Verdickungen der Innenschicht der Arterien. Die Blutgefäße werden dadurch immer enger und verlieren ihre Elastizität. Das Blut kann nur noch erschwert durchfließen. Es entwickelt sich eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Die Spätfolgen sind Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Zur Behandlung der Fettstoffwechselstörung hat sich die sog. Lipid-Apherese bewährt. Bei der im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, durchgeführten H.E.L.P.-Therapie wird dem Patienten aus einer Armvene kontinuierlich Blut entnommen und durch einen Plasmafilter geleitet. Blutzellen und Blutplasma werden voneinander getrennt und ein gerinnungshemmendes Mittel (Heparin) hinzugegeben. Über ein Filtersystem werden mehr als 60 Prozent der Fettanteile entfernt. Über eine zweite Kanüle erhält der Patient dann während der gesamten Behandlungszeit kontinuierlich die separierten Blutzellen zusammen mit dem gereinigten Blutplasma zurück. Die Behandlung dauert etwa zwei bis drei Stunden und wird bei Patienten mit Fettstoffwechselstörungen regelmäßig einmal pro Woche durchgeführt. Beim Hörsturz ist bereits eine einmalige Sitzung von zwei Stunden ausreichend.

„Durch die Therapie werden schon nach kurzer Zeit Beschwerden wie Angina-pectoris-Attacken gemindert, die Leistungsfähigkeit verbessert und Ablagerungen von Cholesterin in der Haut gehen zurück. Dabei ist das H.E.L.P.-Verfahren sehr kreislaufschonend und nebenwirkungsarm,“ bestätigt Prof. Dr. Dieter Horstkotte, der eine Kontrolle des Blutfettgehalts ab dem 35. Lebensjahr empfiehlt. Aktuell werden im Herz- und Diabeteszentrum NRW 22 Patienten mit dieser Therapieform behandelt.

Weitere Informationen:

Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Anna Reiss (Ltg.)
Georgstr. 11
32545 Bad Oeynhausen
Tel. 05731 / 97 1955
Fax 05731 / 97 2028
E-Mail: areiss@hdz-nrw.de
www.hdz-nrw.de