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14.09.2012

Bei Parodontose-Behandlung droht Gefahr fürs Herz

Aktuelle Studie aus dem Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, untersucht das Verhalten der Zahnärzte – Prof. Dr. Cornelia Piper: Kardiologische Ausweise vorzeigen

Wer ihn hat, geht auf Nummer Sicher: Prof. Dr. Cornelia Piper, stellv. Direktorin der Kardiologischen Klinik im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, zeigt den Patientenausweis, der Patienten mit einem hohen Endokarditis-Risiko mitgegeben wird (Foto Armin Kühn).

Eine Forschungsarbeit von Prof. Dr. Cornelia Piper, stellv. Direktorin der Kardiologischen Klinik des Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) unter der Leitung von Prof. Dr. Dieter Horstkotte, hat auf dem Europäischen Kardiologen-Kongress in München so große Beachtung gefunden, dass sie von über 4.200 Beiträgen in die Vorstellung der 30 besten Studienpräsentationen aufgenommen worden ist. Wichtigste Aussage der Untersuchung: Hochrisiko-Patienten sind vor zahnärztlicher Behandlung nach wie vor gut beraten, wenn sie ihren kardiologischen Untersuchungspass vorlegen. Die neuen Richtlinien der Deutschen Kardiologischen Gesellschaft haben bisher nicht dazu beigetragen, die Achtsamkeit der Zahnmediziner insbesondere gegenüber Vorsorgemöglichkeiten zu einer lebensbedrohlichen entzündlichen Herzerkrankung (Endokarditis) zu erhöhen.

Die Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut, welche die Herzhöhlen und den herznahen Anteil der Arterien und Venen auskleidet und auch die Herzklappen überzieht. Grundsätzlich kann jeder Mensch an einer Endokarditis erkranken. Unbehandelt ist der Krankheitsverlauf immer tödlich. In Westeuropa ist die Endokarditis bei herzgesunden Menschen selten und durch Antibiotika behandelbar. Eine erhöhte Gefahr, an einer Endokarditis zu erkranken, besteht jedoch bei Menschen mit angeborenen oder erworbenen Herzfehlern, insbesondere nach Herzklappenersatz.

„Eine Parodontose-Behandlung kann für diese Hochrisiko-Patienten hochgefährlich werden“, erläutert Prof. Dr. Cornelia Piper, Kardiologin und Wissenschaftlerin im Herz- und Diabeteszentrum NRW. „Sogenannte grampositive Bakterien aus den Zahnfleischtaschen können im Gefolge zahlreicher zahnärztlicher Eingriffe in die Blutbahn gelangen. Die Bakterien setzen sich dann bevorzugt an den Herzklappen fest und vermehren sich. Eine Endokarditis ist die Folge.“
Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie empfehlen Hochrisiko-Patienten, sich vor dem zahnärztlichen Eingriff einer Antibiotika-Therapie zu unterziehen, der sogenannten Endokarditis-Prophylaxe. „Eine Stunde vor der Parodontose-Behandlung eingenommen, bewirkt das Antibiotikum, dass sich die Bakterien allenfalls noch in geringen Mengen an den Herzklappen ansiedeln können. Das Risiko einer Entzündung der Herzinnenhaut wird dadurch deutlich gesenkt“, erläutert Prof. Piper. Vor 2007 sei diese Antibiotika-Prophylaxe auch Patienten mit einem vergleichsweise geringen Risiko empfohlen worden.
In einer wissenschaftlichen Studie hat Piper nun erstmals untersucht, ob die neue Leitlinie zu verstärkten Prophylaxe-Maßnahmen geführt hat. Überraschendes Ergebnis: „Das Kind wurde sozusagen mit dem Bade ausgeschüttet.“ Dass die Empfehlungen zu Vorsorgemaßnahmen auf die Hochrisiko-Patienten eingeschränkt wurden, hat dazu geführt, dass die Zahnärzte insgesamt weniger Antibiotika-Therapien auch bei hochgefährdeten Patienten durchführen.

Bereits 2003 konnte Piper in einer Studie des Herz- und Diabeteszentrums nachweisen, dass die Empfehlungen der Deutschen Kardiologischen Gesellschaft bezogen auf zahnmedizinische Eingriffe bei der Umsetzung Probleme bereiten. „Es hat sich gezeigt, dass der sicherste Weg für unsere Patienten der sogenannte Patientenausweis darstellt, der mit den entsprechenden Leitlinien versehen dem jeweils behandelnden Arzt vorgelegt werden sollte“, so Piper. „Zur Diskussion steht auch die Frage, ob nicht auch für Patienten mit einem sogenannten moderaten Risiko zur Endokarditis eine Antibiotika-Prophylaxe empfehlenswert ist. Hier fehlen aktuell noch belastbare Daten.“

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